Vor unserm Hause sitzt täglich
ein sehr, sehr alter Portier.
Er bewegt sich so wenig wie möglich,
denn die Füße tun ihm weh.
Deshalb ging er jüngst zum Professor,
und der schrieb einen Report,
doch die Füße wurden nicht besser,
und der Portier sitzt immer noch dort.
Doch des Professors interessante These,
die schickte man versehentlich an mich.
Gestatten Sie, dass ich sie nun verlese.
"Sehr geehrter Herr! (Gedankenstrich)
Keine Diagnose, kein Präparat,
keinerlei Prognose, kein Resultat,
abgefühlt, betastet,
erblich nicht belastet:
Unheilbar gesund.
Abgesehn von Schmerzen vollkommen zahm,
Bluterguß im Herzen, teilweise lahm,
Embolie gefunden,
Bauchweh überwunden:
Unheilbar gesund.
Hat er mal Malaria, dann bestenfalls die halbe,
eine ganze schafft er ja nicht mehr.
Fliegt ein Huhn nach Afrika, dann ist es eine Schwalbe -
was die Schwalben in Tunis tun,
warum soll nicht ein Huhn es tun?
Fische kann er essen, nur nicht verdaun.
Fieber bitte messen, ohne zu schaun.
Leber leicht asthmatisch,
Grippe asiatisch:
Unheilbar gesund.
Er spricht von einer Reise. Das ist so eine Geschichte,
die hat er sich halt irgendwo erträumt.
Es soll vor seiner Wohnung eines Tages seine Nichte
auf silberweißen Gleisen nahn mit einer leisen Eisenbahn.
Das Glöckchen dieser Eisenbahn wird bimmeln,
man kann es zwar nicht hören, doch man sieht's,
und er wird die Bahn besteigen und der Nichte alles zeigen
von den Sehenswürdigkeiten des Gebiets:
Eine Wiese ohne Gras, ein Monokel ohne Glas,
einen Fluß, der fließt nur zwischen zwölf und zwei,
einen Pfiff ohne Hund, einen Griff ohne Grund,
und einen Extramonat zwischen April und Mai.
Und ein Kind ohne Lachen wird fragen.
Ein Souffleur ohne Text wird es sehn.
Und eine Jungfer, die im Trunk verkam und andre solche Damen
werden Amen singen, völlig aus dem Rahmen fallen,
und es werden Namen fallen, die sie nicht verstehn.
Und ein Fährmann ohne Boot wird entgegnen:
‚Das sind die Wolken, die nur nach oben regnen.
Man kann den Regen sehn, doch hier wird er nichts nässen.
Es ist ein Segen, diesen Regen zu vergessen.
Jeden Zoll kenn ich von diesen Wolken ganz genau,
es sind die einzigen, denen ich vertrau.'
Und das Glöckchen von der Eisenbahn wird bimmeln.
Man kann's jetzt nicht mehr sehn; man kann es spürn.
Und er sagt zu seiner Nichte: ‚Das ist ein Teil der Geschichte,
zu dem andern Teile wird ich dich jetzt führn.'
Einen Könner, der nichts kann, einen blinden Steuermann,
zwei Gedanken, die nichts denken und nichts wolln,
eine Schreibmaschine, die nur eine Taste hat: ein ü,
und der Lärm, den eine Träne macht beim Rolln.
Und ein vorbestrafter Rechtanwalt wird fragen.
Ein stummer Papagei wird wiederholn.
Und der Verbrecher, der das Pech erfand und andre ungesunde
Vagabunden werden stundenlang nach Suppen schieln,
während sie mit Puppen spieln, wie man es befohln.
Und ein Weiser, der nichts weiß, wird bekunden:
‚Das ist der Berg mit dem Gipfel nach unten.
Wenn wer verunglückt, ist es leichter für die Retter.
Den Fuß des Berges sieht man nur bei klarem Wetter.
Es ist ein Berg, den ich sehr gern erläutere und zeig,
und der einzige Berg, den ich besteig.'
Dann wird das Glöckchen von der Bahn noch einmal bimmeln.
Man kann's jetzt nicht mehr spürn, nur mehr verstehn.
Und er wird der Nichte sagen: ‚Komm, wir steigen aus dem Wagen,
denn den Rest des Weges muß man leider gehn.'
Einen Nebel und ein Nichts, eine Finsternis des Lichts.
‚Siehst du auch', ruft er ihr zu, ‚was ich jetzt seh?'
Doch die Nichte wird zum Nichts, und in seinen Füßen stichts,
er bleibt stehn, denn die Füße tun ihm weh.
Nur im Buch ohne Worte kann er lesen:
Das ist die Zukunft, die bereits gewesen.
Was da sein wird und war, was es geben wird und gab,
es ist die einzige Zukunft, die ich hab.
Und ich als Arzt gab ihm Zuversicht und Mut
und versprach ihm: seine Füße werden sicher wieder gut.
Drum für den Patienten kann ich empfehln:
Weichgekochte Enten, bitte nicht schäln.
Außerdem nicht rupfen,
davon kriegt man Schnupfen:
Unheilbar gesund.
Raucht er seine Pfeife: Rufen Sie mich.
Waschen nur mit Seife gegen den Strich.
Spielt er mit Kalendern,
wird sich das noch ändern:
Unheilbar gesund.
Wenn er ‚Venezuela' schreit, das hat nichts zu bedeuten,
denn das ist ja nur ein kleiner Staat.
Ruft er dann nach Kanada, dann muss man das bestreiten.
Sagen Sie ihm: In Kanada sind nur mehr Indianer da.
Dreimal täglich schlafen wegen der Gicht.
Schnarchen in Oktaven oder auch nicht.
Keinerlei Hydrate,
keinerlei Phosphate,
keinerlei Getränke,
keinerlei Geschenke,
keinerlei Erregung,
keinerlei Bewegung:
Unheilbar gesund.
ein sehr, sehr alter Portier.
Er bewegt sich so wenig wie möglich,
denn die Füße tun ihm weh.
Deshalb ging er jüngst zum Professor,
und der schrieb einen Report,
doch die Füße wurden nicht besser,
und der Portier sitzt immer noch dort.
Doch des Professors interessante These,
die schickte man versehentlich an mich.
Gestatten Sie, dass ich sie nun verlese.
"Sehr geehrter Herr! (Gedankenstrich)
Keine Diagnose, kein Präparat,
keinerlei Prognose, kein Resultat,
abgefühlt, betastet,
erblich nicht belastet:
Unheilbar gesund.
Abgesehn von Schmerzen vollkommen zahm,
Bluterguß im Herzen, teilweise lahm,
Embolie gefunden,
Bauchweh überwunden:
Unheilbar gesund.
Hat er mal Malaria, dann bestenfalls die halbe,
eine ganze schafft er ja nicht mehr.
Fliegt ein Huhn nach Afrika, dann ist es eine Schwalbe -
was die Schwalben in Tunis tun,
warum soll nicht ein Huhn es tun?
Fische kann er essen, nur nicht verdaun.
Fieber bitte messen, ohne zu schaun.
Leber leicht asthmatisch,
Grippe asiatisch:
Unheilbar gesund.
Er spricht von einer Reise. Das ist so eine Geschichte,
die hat er sich halt irgendwo erträumt.
Es soll vor seiner Wohnung eines Tages seine Nichte
auf silberweißen Gleisen nahn mit einer leisen Eisenbahn.
Das Glöckchen dieser Eisenbahn wird bimmeln,
man kann es zwar nicht hören, doch man sieht's,
und er wird die Bahn besteigen und der Nichte alles zeigen
von den Sehenswürdigkeiten des Gebiets:
Eine Wiese ohne Gras, ein Monokel ohne Glas,
einen Fluß, der fließt nur zwischen zwölf und zwei,
einen Pfiff ohne Hund, einen Griff ohne Grund,
und einen Extramonat zwischen April und Mai.
Und ein Kind ohne Lachen wird fragen.
Ein Souffleur ohne Text wird es sehn.
Und eine Jungfer, die im Trunk verkam und andre solche Damen
werden Amen singen, völlig aus dem Rahmen fallen,
und es werden Namen fallen, die sie nicht verstehn.
Und ein Fährmann ohne Boot wird entgegnen:
‚Das sind die Wolken, die nur nach oben regnen.
Man kann den Regen sehn, doch hier wird er nichts nässen.
Es ist ein Segen, diesen Regen zu vergessen.
Jeden Zoll kenn ich von diesen Wolken ganz genau,
es sind die einzigen, denen ich vertrau.'
Und das Glöckchen von der Eisenbahn wird bimmeln.
Man kann's jetzt nicht mehr sehn; man kann es spürn.
Und er sagt zu seiner Nichte: ‚Das ist ein Teil der Geschichte,
zu dem andern Teile wird ich dich jetzt führn.'
Einen Könner, der nichts kann, einen blinden Steuermann,
zwei Gedanken, die nichts denken und nichts wolln,
eine Schreibmaschine, die nur eine Taste hat: ein ü,
und der Lärm, den eine Träne macht beim Rolln.
Und ein vorbestrafter Rechtanwalt wird fragen.
Ein stummer Papagei wird wiederholn.
Und der Verbrecher, der das Pech erfand und andre ungesunde
Vagabunden werden stundenlang nach Suppen schieln,
während sie mit Puppen spieln, wie man es befohln.
Und ein Weiser, der nichts weiß, wird bekunden:
‚Das ist der Berg mit dem Gipfel nach unten.
Wenn wer verunglückt, ist es leichter für die Retter.
Den Fuß des Berges sieht man nur bei klarem Wetter.
Es ist ein Berg, den ich sehr gern erläutere und zeig,
und der einzige Berg, den ich besteig.'
Dann wird das Glöckchen von der Bahn noch einmal bimmeln.
Man kann's jetzt nicht mehr spürn, nur mehr verstehn.
Und er wird der Nichte sagen: ‚Komm, wir steigen aus dem Wagen,
denn den Rest des Weges muß man leider gehn.'
Einen Nebel und ein Nichts, eine Finsternis des Lichts.
‚Siehst du auch', ruft er ihr zu, ‚was ich jetzt seh?'
Doch die Nichte wird zum Nichts, und in seinen Füßen stichts,
er bleibt stehn, denn die Füße tun ihm weh.
Nur im Buch ohne Worte kann er lesen:
Das ist die Zukunft, die bereits gewesen.
Was da sein wird und war, was es geben wird und gab,
es ist die einzige Zukunft, die ich hab.
Und ich als Arzt gab ihm Zuversicht und Mut
und versprach ihm: seine Füße werden sicher wieder gut.
Drum für den Patienten kann ich empfehln:
Weichgekochte Enten, bitte nicht schäln.
Außerdem nicht rupfen,
davon kriegt man Schnupfen:
Unheilbar gesund.
Raucht er seine Pfeife: Rufen Sie mich.
Waschen nur mit Seife gegen den Strich.
Spielt er mit Kalendern,
wird sich das noch ändern:
Unheilbar gesund.
Wenn er ‚Venezuela' schreit, das hat nichts zu bedeuten,
denn das ist ja nur ein kleiner Staat.
Ruft er dann nach Kanada, dann muss man das bestreiten.
Sagen Sie ihm: In Kanada sind nur mehr Indianer da.
Dreimal täglich schlafen wegen der Gicht.
Schnarchen in Oktaven oder auch nicht.
Keinerlei Hydrate,
keinerlei Phosphate,
keinerlei Getränke,
keinerlei Geschenke,
keinerlei Erregung,
keinerlei Bewegung:
Unheilbar gesund.