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Irgendeiner Lyrics

die kneipe war voll. nur am hintersten tisch
war ein platz frei bei leuten, die man öfters hier sieht.
sie sprachen von dingen, über die man so spricht,
über das, was so jeden tag jedem geschieht;
ihr thema war gerade ein mann aus der nachbarschaft,
der manchmal abends sein bier mit uns trinkt,
einer, von dem man nichts weiss und nichts wissen will,
den man begrüsst, in dem man wortlos winkt.
man sprach ihn nur an mit 'hallo', fragt, wie's geht,
doch man legte keinen wert auf genauen bericht;
man stand neben ihm, doch verliess man ihn spät,
dann vergass man im fortgehn bereits sein gesicht.
er ist eigentlich nur irgendeiner gewesen,
man dachte an ihn, wenn überhaupt, nur zuletzt;
er stand mit uns allen am gleichen tresen,
vielleicht haben wir ihn falsch eingeschätzt.
er war, soviel wusste man, irgendwie techniker
in einem büro ein paar strassen von hier,
was er dort plante, wie gut, und für wen,
das wusste man nicht, das war sein eigenes bier -
nie sprach ihn einer an, fragte nach dem, was er tat,
was er wollte, oder auch nur: wie er hiess;
vielleicht wollte er auch, dass man ihn am abend
einfach mit allem in ruhe liess.
uns fiel nur auf, dass er mit seinen augen
uns und alles, was um ihn war, prüfte und mass,
dabei fast ängstlich sich in sich zusammenzog,
wenn er in unseren gesichtern las.
er ist eigentlich nur irgendeiner gewesen...
vielleicht hat er in unseren augen gelesen,
dass ein interesse an ihm nicht bestand -
die brücke, von der er sprang, ist hoch gewesen,
er war kaum zu erkennen, als man ihn fand.
vielleicht hat er sich selbst als störend empfunden
und hat sich wie einen fleck tinte entfernt -
gingen wir besser um mit unseren stunden,
hätten wir ihn besser kennengelernt.
vielleicht hätte er uns gezeigt, wie man
ohne viel worte sich besser verständigen kann
bestimmt hätte es einen weg noch gegeben,
auf dem man ihm begegnen kann.
er ist eigentlich nur irgendeiner gewesen...
jetzt sitz ich am hintersten tisch in der kneipe
und höre, wie man heute so über ihn spricht:
man redet über gründe, warum und weswegen,
doch an sich selbst denkt man dabei nicht
vielleicht war die frau bei 'nem unfall gestorben,
vielleicht hatte er im büro einen krach,
er war wohl sensibel, vielleicht sogar krank,
oder ihm lief die vergangenheit nach -
vorne am tresen steht einer, der starrt
in sein bierglas und schaut uns von zeit zu zeit an,
auch einer mit solchen traurigen augen,
einer, mit dem man noch reden kann.
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Wieder unterwegs (1974)